Als totaler Schisser hätte ich dieses Buch an manchen Stellen gerne
zugeklappt, aber es ging nicht, weil ich dafür einfach zu fasziniert von Heinz
Helles Schreibstil war, der hat mich einfach mal total geplättet. Ich habe mir
sogar einige Passagen laut vorgelesen, weil ich unbedingt wissen musste, wie
sie klingen. Antwort: Mega gut! Die Sätze von Heinz Helle haben was sehr
Künstlerisches und dabei erzählt er aber eigentlich total reduziert und
unemotional, was die bedrohliche Stimmung in der Geschichte allerdings nochmal
stärkt.
In „Eigentlich müssten wir tanzen“ geht es um die Apokalypse. Fünf Männer,
alle so Anfang 30, verbringen ein Wochenende auf einer Berghütte und als sie
wieder ins Tal zurückkommen, ist nichts mehr, wie es war: Das Dorf steht in
Flammen, ist total verwüstet, Autos sind ausgebrannt, Häuser geplündert, es
gibt keinen Strom mehr und überall liegen Leichen. Warum das so ist – alles
zerstört wurde – erfährt man bis zum Ende nicht. Unter anderen Umständen hätte
mich das total fuchsig gemacht und unbefriedigt das Buch zuklappen lassen, hier
aber nicht. Durch dieses Unwissen wird die Spannung noch einmal angezogen. Die
Bedrohung ist da, du spürst sie auf jeder Seite, weil du die Auswirkungen
erlebst, aber du kannst sie trotzdem nicht komplett greifen, weil sie nicht
erklärt wird und das macht den Text echt unheimlich.
Statt also die Ursache zu erklären, richtet Heinz Helle seinen Fokus auf
die fünf Männer. Er zeigt, was diese totale Zerstörung mit den Männern macht –
mit ihnen als Freunde und mit ihnen als einzelner.
Wenn die Sonne aufgeht, sehen wir
übereinander hinweg und aneinander vorbei, und wir sehen genau, sehen aus den
Augenwinkeln, dass der andere auch woanders hinsieht, wir sehen jeder woanders
hin, jeder in sein eigenes weit entferntes Nichts oder Alles, egal, wir sehen
uns nicht in die Augen, das täte weh [...].
Die Freunde machen sich auf den Weg in Richtung Heimatstadt in der Hoffnung, dass da alles gut ist. Dafür streifen sie durch die Wälder, immer wieder an zerstörten Orten vorbei. Es ist tierisch kalt, sie haben Hunger und mit jedem Tag wächst die Frage, ob es sich wirklich lohnt am Leben zu bleiben?
Diese Geschichte ist ein Horrortrip, aber einer der sich lohnt!
Heinz Helle: Eigentlich müssten wir tanzen. Suhrkamp. 173 S. 19,95 €
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