Katharina Hartwell ist für ihr Debüt „Das fremde Meer“ sehr gefeiert worden.
Auch ich gehörte zur Gruppe der Schwärmer, weshalb es mich auch wirklich sehr
freut, dass mich „Der Dieb in der Nacht“ ebenfalls überzeugen konnte. „Das
fremde Meer“ ist eine Liebesgeschichte, erzählt als Märchen, als
Science-Fiction-Story und auch als Rittergeschichte. Dieses Mal verzichtet sie
auf dieses Spiel mit den Genres und spielt stattdessen mit dem Leser: „Ein Dieb
in der Nacht“ ist ein manipulatives und bedrückendes Verwirrspiel, eine
Gruselgeschichte!
Es geht um die beiden Freunde Paul und Felix. Felix verschwindet mit 19
plötzlich spurlos. Zehn Jahre später entdeckt Paul in Prag einen Typen, der ihn
sehr stark an Felix erinnert. Optisch hat der Kerl, der sich Blixen nennt,
eigentlich so gar keine Ähnlichkeit mit Felix, aber in der Art wie er sich
bewegt, in seinem Blick – da erkennt Paul ihn immer wieder. Und dazu kommt,
dass Blixen sich nach einem Unfall nicht mehr an die ersten zwanzig Jahre
seines Lebens erinnern kann. Ein Zufall? Blixen folgt Paul in seine Heimatstadt
und zieht dort bei ihm ein und von dem Moment an konnte ich das Buch nicht mehr
weglegen. Wer ist dieser unheimliche Blixen? Ist das wirklich Felix oder war es
nur Pauls krankhafte Sehnsucht nach seinem Freund, die ihn Felix in dem Fremden
erkennen lässt. Aber es ist nicht nur Blixen, den du als Leser gerne
entschlüsseln willst, auch Paul gibt einige Rätsel auf, nicht nur in Bezug auf
Blixen – auch ganz generell hat der ziemlich verquere Gedanken und Wahrheiten
im Kopf, und Katharina Hartwell lässt dich bis in sein tiefsten Inneres
eintauchen.
So bedrohlich! So Spannend! Von Seite zu Seite spitzt sich die Stimmung im
Buch zu und kriecht einem fies unter die Haut. Ich war wirklich sehr gefesselt.
Und auch sprachlich konnte Katharina Hartwell erneut zeigen, dass sie da ganz
klar in der Profiliga spielt. Sehr poetisch und tragend, dabei aber nicht
altbacken – und es wirkt so als sei jedes einzelne Wort sehr mit viel Sorgfalt
ausgewählt worden. Das kann manchmal zu bemüht und anstregend wirken, hier aber
nicht und daher steht für mich ganz klar fest: Ja, bitte mehr
davon!
Katharina Hartwell: Der Dieb in der Nacht. Berlin Verlag. 320 S. 20€
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