Sonntag, 22. November 2015

Two Boys kissing - David Levithan

Eigentlich küssen sich in diesem Buch nicht nur zwei Jungs, sondern insgesamt acht. Aber es ist der Kuss zwischen Harry und Craig, der die Aufmerksamkeit eines ganzen Ortes und vieler homosexueller Jugendliche auf sich ziehen wird. Harry und Craig wollen den Weltrekord im Langzeitküssen brechen und dafür müssen sie sich 32 Stunden, 12 Minuten und zehn Sekunden küssen, ohne Unterbrechung!
Sie wollen es auf der Wiese vor ihrer Schule machen und mit einem Stream ins Internet stellen, damit alle es sehen können – damit alle sehen können, dass es völlig in Ordnung ist, wenn zwei Jungs sich küssen. Denn leider weiß jeder von ihnen, dass es immer noch Idioten gibt, die damit Probleme haben. Manchmal ist es nur ein Blick, manchmal sind es Worte und manchmal ist es sogar mehr als ein Tritt in die Magengrube.

Die Jungs im Buch haben zwar die eine Gemeinsamkeit, aber alle ihre eigene Geschichte. Hier geht es um Selbstfindung, um Selbstzweifel, um Liebe, Hass, um Angst, Mut und um die Hoffnung auf Akzeptanz. David Levithan hat in seinem Buch „Two Boys kissing“ also gleich eine Vielzahl von Themen untergebracht und er bringt sie dem Leser auf eine ganz wunderbare Weise nah. Seine Sprache steckt voller Poesie und jeder Satz voll Wahrheit. Ich bin ja eh schon ein Fan von David Levithan, seit ich „Letztendlich sind wir dem Universum egal“ von ihm gelesen habe – er erzählt sich mir irgendwie unter die Haut und ins Gedächtnis, was eindeutig für die Kraft seiner Worte spricht. Außerdem finde ich, dass seine Geschichten eine enorme Tiefe haben. In „Two Boys kissing“ steckt sie unter anderem auch in der Wahl des Erzählers – statt eines Ich-Erzählers gibt es ein Erzähler-Wir.

„IHR KÖNNT NICHT WISSEN, wie es jetzt für uns ist – da werdet ihr immer einen Schritt hinterher sein. Seid dankbar dafür. Ihr könnt nicht wissen, wie es damals für uns war – da werdet ihr immer einen Schritt voraus sein. Seid dankbar, auch dafür. Glaubt uns: Vergangenheit und Zukunft lassen sich so gut wie perfekt ausbalancieren. Wir werden zur fernen Vergangenheit, ihr zu einer Zukunft, die sich nur wenige von uns hätten vorstellen können.“

David Levithan lässt die Geschichte von den Geistern schwuler Männer erzählen, die alle in den 80ern jung waren und mittlerweile verstorben sind. Klingt auf dem ersten Blick etwas spooky, macht aber Sinn und lässt ein sehr spannendes Zeitgefüge entstehen. Die Wir-Erzähler haben die große Aids-Welle erlebt, viele von ihnen sind daran gestorben. Und sie blicken jetzt auf die Jungs, wie es bei ihnen läuft, auf welche Probleme sie stoßen und das kommentieren sie als hoffnungsvolle Beobachter und vergleichen.

Mich hat dieses Buch wirklich komplett gepackt, mit Gänsehaut, Tränchen und absoluter Bewunderung. Ein Wahnsinns-Buch!


David Levithan: Two boys kissing - Jede Sekunde zählt. FJB. 288 S. 14,99 €

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