Dienstag, 22. März 2016

Geteiltes Vergnügen - Johanna Adorján

Jessica will Tom, Tom will Jessica und trotzdem ist ihre Beziehung zum Scheitern verurteilt. Warum? Weil es vielleicht von Anfang an nicht gepasst hat? Die Autorin Johanna Adorján versucht in ihrem Roman zu verstehen, warum wir so oft an den falschen Partnern festhalten und warum wir uns in Beziehungen verlieren, die uns ganz offenbar nicht gut tun.

Die Ich-Erzählerin Jessica ist hin und weg, als sie Tom das erste Mal sieht. Er ist Musiker und gehört zu den Menschen, die sobald sie in den Raum kommen, alle Blicke auf sich ziehen. Jeder will sich mit ihm unterhalten, jeder will sein Freund sein. An einem Abend hat er aber nur Augen für Jessica. Die Liebesgeschichte zwischen Jessica und Tom beginnt ganz vielversprechend mit Kribbeln und Herzklopfen, aber spätestens als Jessica erfährt, dass Tom immer noch Sex mit seiner Ex hat, hätte es eigentlich Klick machen müssen, stattdessen schluckt sie es einfach – Tom ist halt ein Freiheitsliebender Mann, der kann gar nicht anders. Freiheit, Liebe und Partnerschaft – wie stehen diese Dinge zueinander? Und kann eine Partnerschaft funktionieren, wenn man da unterschiedlicher Auffassung ist?

„Wenn wir zusammen waren, hatte ich seine ungeteilte Aufmerksamkeit. Nicht ein einziges Mal sah er auf sein Telefon oder schien in Gedanken woanders […]. Doch genauso konsequent war er dann auch wieder weg. Er […] ging durch die Tür – und dann hörte ich zwei bis drei Tage nichts von ihm.“

Die Beziehung von Tom und Jessica wird also scheitern und mit dieser Information habe ich gerade nicht das Ende des Romans gespoilert. Denn dies erfährt der Leser schon direkt auf den ersten Seiten und damit ist klar, dass dieses Buch mehr will als die klassischen Happy-End Liebesgeschichten im Stile Hollywoods, die über die Frage „Kriegen sie sich oder kriegen sie sich nicht?“ nicht hinauskommen. Johanna Adorján geht es um die Frage, warum wir manchmal Beziehungen führen, die nicht gut für uns sind. Und um das zu zeigen, lässt sie Jessica leiden.

Natürlich macht es keinen Spaß Jessicas Leidensweg zu lesen, gefesselt war ich aber trotzdem und ich glaube, das liegt daran, weil man sich auch selbst in der Geschichte entdeckt – wir waren doch alle schon mal in die falsche Person verliebt und wollten es nicht wahrhaben. Und so ist es eben auch bei Jessica: Tom ist ein selbstverliebter Idiot. Er will Jessica in seinem Leben, allerdings nicht so ganz und Jessica will es einfach nicht sehen. Es ist die Hoffnung auf Liebe, auf Zweisamkeit, die sie dazu verleiten, Tom und sein Verhalten zu idealisieren.

Johanna Adorján erzählt die Geschichte von Jessica und Tom ganz unaufgeregt und trotzdem leben ihre Figuren, Szenen und Dialoge richtig. Sie schafft es, dass du als Leser eine enorme Nähe zur Hauptfigur Jessica aufbaust, was natürlich auch daran liegt, dass sie die Ich-Erzählerin der Geschichte ist und du Jessicas Liebe und Schmerz so ganz „ungefiltert“ erlebst. „Geteiltes Vergnügen“ ist ein Buch, das weh tut, es ist aber auch ein Buch, das Hoffnung macht, weil es neben dem ganzen Leid hier auch um Mut geht - Jessica hat den Mut, sich zu befreien und ihrem eigenen Glück wieder eine größere Bedeutung zu schenken. 

Johanna Adorján: Geteiltes Vergnügen. Hanser Berlin. 203 S. 19.90€

1 Kommentar: