Freitag, 4. März 2016

Meine scheisskranke Familie - Dan Marshall

Die Mutter hat Krebs, der Vater erkrankt an der Nervenkrankheit ALS – was tun? Schreiend weglaufen und hoffen, dass sie irgendwie zurechtkommen? Oder sein eigenes Leben aufgeben und mit Anfang zwanzig zurück nach Hause ziehen und die Pflege der Eltern übernehmen? Dan Marshall hat sich für die zweite Variante entschieden und darüber ein sehr lesenswertes und überraschendes Buch geschrieben.

„Ich wurde aus einer Welt, die ich für echt hielt, in eine Situation gezerrt, neben der die echte Welt künstlich wirkte.“

Dan ist 24 Jahre alt. Er lebt in Los Angeles, hat einen guten Job, endlich eine Freundin und dann plötzlich ändert sich sein komplettes Leben. Dans Mutter hat schon seit seiner frühen Kindheit Krebs, sie hat es aber irgendwie geschafft, am Leben zu bleiben. Die Hoffnung gibt es für seinen Vater leider nicht. Er erkrankt an der Nervenkrankheit ALS, bei der nach und nach der gesamte Körper gelähmt wird. Er wird also Hilfe brauchen, viel Hilfe. Und so zieht Dan zurück nach Salt Lake City, um seinen Vater den Hintern abzuwischen, weil der seine Arme nicht mehr bewegen kann.

In diesem Buch geht es also um das Sterben der Eltern. Ein Thema über das ich eigentlich nicht nachdenken mag, weil es mich sofort traurig stimmt. Aber trotzdem war ich neugierig – neugierig darauf, wer dieser Kerl ist, der so viel Mut und Stärke aufbringt, diese Aufgabe anzunehmen. Und jetzt nachdem ich das Buch zu Ende gelesen habe, bin ich wirklich froh, dass ich so neugierig war, denn dieses Buch knallt und zwar richtig, und es ist so ganz anders als erwartet: Es ist witzig.

Wie kommt der Witz in ein Buch über das Sterben? Es liegt an Dans Familie, die einfach so wunderbar drüber ist und die er mit all ihren Qualitäten und Macken darstellt. Da ist zum Beispiel Dans Mutter, die genau wie Dan eine große Vorliebe fürs Fluchen hat. Ich habe tatsächlich noch nie so viele Schimpfwörter in einem Buch gelesen, aber irgendwie hat es sich richtig angefühlt. Ich meine, wenn man in Situationen fluchen darf, dann doch wohl wenn einem das Leben so richtig übel mitspielt. Wenn Dan und seine Mutter nicht fluchen, dann versuchen sie einander vorzuführen, die Peinlichkeiten des anderen auf den Tisch zu packen. Als unbeteiligter Beobachter hat das tatsächlich Spaß gemacht – vor allem weil sie am Ende doch immer gemeinsam lachen.

Ich mag den Humor in dem Buch. Er ist derb, dreckig und skrupellos. Gibt es unpassende Momente für ein Witz? Dan findet sie und macht den Witz trotzdem. In anderen Bücher, in anderen Geschichten, hätte das vielleicht plump und unpassend gewirkt, hier aber nicht. Und das liegt daran, dass sie nicht wie nachträglich eingebaut wirken, sondern echt. Ich glaube Dan, dass dieser derbe Humor sein Weg war, um in dieser Lebensphase nicht unterzugehen. Und nebenbei hat sich daraus auch noch ein erzählerischer Kniff ergeben, denn durch den Witz stechen die traurigen Momente nur noch mehr heraus. Witz und Trauer stehen hier in so einem starken Kontrast zueinander, dass sie ihre Wirkung gegenseitig intensivieren. Der Witz wirkt lustiger – die traurigen Momente noch trauriger und davon gibt es eben auch immer noch viele, denn es bleibt ein Buch über das langsame Verlieren eines geliebten Menschen.

„Meine scheisskranke Familie“ ist eine Geschichte voll Liebe, Schmerz, Trauer und Witz – sehr gelungen. Die Filmrechte wurde schon vor der Veröffentlichung des Buches verkauft und Miles Teller soll die Hauptrolle, also den Dan, spielen – ich bin gespannt!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen