Die Mutter hat
Krebs, der Vater erkrankt an der Nervenkrankheit ALS – was tun? Schreiend
weglaufen und hoffen, dass sie irgendwie zurechtkommen? Oder sein eigenes Leben
aufgeben und mit Anfang zwanzig zurück nach Hause ziehen und die Pflege der
Eltern übernehmen? Dan Marshall hat sich für die zweite Variante entschieden
und darüber ein sehr lesenswertes und überraschendes Buch geschrieben.
„Ich wurde aus einer Welt,
die ich für echt hielt, in eine Situation gezerrt, neben der die echte Welt
künstlich wirkte.“
Dan ist 24
Jahre alt. Er lebt in Los Angeles, hat einen guten Job, endlich eine Freundin
und dann plötzlich ändert sich sein komplettes Leben. Dans Mutter hat schon
seit seiner frühen Kindheit Krebs, sie hat es aber irgendwie geschafft, am
Leben zu bleiben. Die Hoffnung gibt es für seinen Vater leider nicht. Er
erkrankt an der Nervenkrankheit ALS, bei der nach und nach der gesamte Körper
gelähmt wird. Er wird also Hilfe brauchen, viel Hilfe. Und so zieht Dan zurück
nach Salt Lake City, um seinen Vater den Hintern
abzuwischen, weil der seine Arme nicht mehr bewegen kann.
In diesem Buch
geht es also um das Sterben der Eltern. Ein Thema über das ich eigentlich nicht
nachdenken mag, weil es mich sofort traurig stimmt. Aber trotzdem war ich
neugierig – neugierig darauf, wer dieser Kerl ist, der so viel Mut und Stärke
aufbringt, diese Aufgabe anzunehmen. Und jetzt nachdem ich das Buch
zu Ende gelesen habe, bin ich wirklich froh, dass ich so neugierig war, denn
dieses Buch knallt und zwar richtig, und es ist so ganz anders als erwartet: Es
ist witzig.
Wie kommt der
Witz in ein Buch über das Sterben? Es liegt an Dans Familie, die einfach so wunderbar
drüber ist und die er mit all ihren Qualitäten und Macken darstellt. Da ist zum
Beispiel Dans Mutter, die genau wie Dan eine große Vorliebe fürs Fluchen hat.
Ich habe tatsächlich noch nie so viele Schimpfwörter in einem Buch gelesen,
aber irgendwie hat es sich richtig angefühlt. Ich meine, wenn man in
Situationen fluchen darf, dann doch wohl wenn einem das Leben so richtig übel
mitspielt. Wenn Dan und seine Mutter nicht fluchen, dann versuchen sie einander
vorzuführen, die Peinlichkeiten des anderen auf den Tisch zu packen. Als
unbeteiligter Beobachter hat das tatsächlich Spaß gemacht – vor allem weil sie
am Ende doch immer gemeinsam lachen.
Ich mag den
Humor in dem Buch. Er ist derb, dreckig und skrupellos. Gibt es unpassende
Momente für ein Witz? Dan findet sie und macht den Witz trotzdem. In anderen
Bücher, in anderen Geschichten, hätte das vielleicht plump und unpassend
gewirkt, hier aber nicht. Und das liegt daran, dass sie nicht wie
nachträglich eingebaut wirken, sondern echt. Ich glaube Dan, dass dieser derbe Humor sein Weg war, um in dieser Lebensphase nicht unterzugehen. Und nebenbei
hat sich daraus auch noch ein erzählerischer Kniff ergeben, denn durch den Witz
stechen die traurigen Momente nur noch mehr heraus. Witz und Trauer stehen hier in so einem starken
Kontrast zueinander, dass sie ihre Wirkung gegenseitig intensivieren. Der Witz
wirkt lustiger – die traurigen Momente noch trauriger und davon gibt es eben auch immer noch viele, denn es bleibt ein Buch über das langsame Verlieren eines geliebten Menschen.
„Meine
scheisskranke Familie“ ist
eine Geschichte voll Liebe, Schmerz, Trauer und Witz – sehr gelungen.
Die Filmrechte wurde schon vor der Veröffentlichung des Buches verkauft und
Miles Teller soll die Hauptrolle, also den Dan, spielen – ich bin gespannt!
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