Montag, 7. März 2016

Vom Ende der Einsamkeit - Benedict Wells


Als Benedict Wells vor acht Jahren seinen ersten Roman veröffentlicht hat, da wurde er in der Öffentlichkeit als literarisches Wunderkind gefeiert. „Becks letzter Sommer“ hieß das Buch, die Verfilmung lief mittlerweile im Kino. Es folgten dann zwei weitere Romane und jetzt nach einer fünfjährigen Pause gibt es mit „Vom Ende der Einsamkeit“ endlich Nachschub. Er erzählt eine Geschichte, die berührt, die den Kopf in Gang setzt und nachwirkt – und er erzählt sie auf ganz wunderbare Weise.

Im Mittelpunkt stehen Jules und seine beiden Geschwister. Sie müssen in ihrer Kindheit mit einem schweren Schicksalsschlag fertigwerden – ihre Eltern sterben bei einem Autounfall. Sind sie eben noch sehr behütet und glücklich aufgewachsen, finden sie sich jetzt in der Rolle der Neulinge im Internat wieder.

"Ich stoße ins Innere vor und sehe ein Bild klar vor mir: wie unser Leben beim Tod unserer Eltern an einer Weiche ankommt, falsch abbiegt und wir seitdem ein anderes, falsches Leben führen. Ein nicht korrigierbarer Fehler im System."

Vor allem Jules hat damit seine Probleme: Früher war er der Klassenclown – jetzt ist er der vor sich hin träumende Außenseiter. Und dann ist da noch sein Bruder Marty, der auf einmal Türklinken immer mehrfach runterdrücken muss. Für ihn ist es die Hoffnung auf Glück, andere decken es als zwanghaften Tick auf. Aber darum geht’s eben: Wie sich solche Schicksalsschläge aufs Leben und auch auf die eigene Persönlichkeit auswirken? Wie wird unser Ich durch unser Leben geprägt? Und gibt es etwas in uns, das unveränderlich ist, egal welche Richtungen unser Leben immer wieder einschlägt?

Benedict Wells beschäftigt sich in seinem neuen Roman also mit großen philosophischen Fragen und er nähert sich ihnen mit einer sehr packenden Geschichte, die natürlich voller Emotionen steckt, aber die er ganz ohne Kitsch erzählt. Er erzählt sie ganz zart und unaufgeregt, was bei mir allerdings den Effekt hatte, dass sie mir nur noch mehr unter die Haut gegangen ist. Es ist eine Geschichte über Trauer, über Einsamkeit und auch über Mut, denn Mut brauchen die Figuren, um sich zurück auf ihre Spur zu kämpfen und um zu akzeptieren, dass Verluste zum Leben dazugehören. Wells begleitet die Geschwister über mehrere Jahrzehnte, spielt ihnen immer wieder übel mit. Manchmal wollte ich ihm entgegen brüllen, dass es jetzt aber endlich reicht! Genug Leid, genug Trauer! Aber dann versöhnt er einen irgendwie wieder: Durch witzige Szenen unter den Geschwistern, durch eine zauberhafte Liebe und weil er eben alles mit so einer Leichtigkeit erzählt. 

Dieses Buch geht nah, die Figuren fesseln und berühren, und am Ende hab ich es wirklich zufrieden zugeklappt, weil ich dachte: Ja, das ist eine Geschichte mit Bedeutung.


Benedict Wells: Vom Ende der Einsamkeit. Diogenes. 368 S. 


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